
Wolfgang de Jong war zwölf Jahre lang Diözesan-Jugendpfarrer. Ende April ist er zum zehnten Mal mit tausenden Teilnehmern der Passauer Jugendfußwallfahrt in seinen Geburtsort Altötting eingezogen – zum letzten Mal in leitender Funktion. Im Gespräch berichtet er von den Höhepunkten, aber auch den Herausforderungen seiner Amtszeit.
Herr Pfarrer de Jong, im Herbst machen Sie das Dutzend an Dienstjahren als Jugendpfarrer voll und geben das Amt an Kaplan Hubertus Kerscher ab. War es heuer auch Ihre letzte Teilnahme an der Passauer Jugendfußwallfahrt? Bestimmt haben Sie nicht nur viele Pilger-Freundschaften geschlossen, sondern trotz der Strapazen auch viel mitnehmen dürfen …
de Jong: Als Teil der Wallfahrtsleitung war es meine letzte Wallfahrt. Ich bin mir aber ziemlich sicher, das war nicht meine letzte Teilnahme an der Jugendfußwallfahrt. In den letzten Jahren habe ich so viele schöne Erlebnisse aus der Wallfahrt mitgenommen, da möchte ich schon versuchen gerade jungen Leuten von der Wallfahrt zu erzählen und sie zu motivieren selbst mit dabei zu sein. Diese positiven Wallfahrtserlebnisse sind prägend und man vergisst sie nicht so schnell: Es gibt viele Menschen, die trifft man einmal im Jahr eben auf der Jugendfußwallfahrt. Man redet miteinander, betet miteinander, tauscht sich aus, geht ein Stück Weg miteinander. Es ist jedes Mal wieder ein ergreifendes Geschehen, sich mit vielen Wallfahrern und nicht allein auf den Weg zur Gnadenmutter von Altötting zu machen. Es wird im Wallfahrtszug aufeinander geschaut und sich gegenseitig motiviert, wenn man gerade einen Tiefpunkt durchschreitet. Das mit Abstand schönste Erlebnis war jedes Jahr dann der Einzug und der Empfang der Wallfahrer in der Basilika St. Anna.
Was ist aus Ihrer Sicht das Besondere der Passauer Jugendfußwallfahrt, was macht sie vielleicht sogar einzigartig? Sie selbst haben als gebürtiger Altöttinger ja eine besondere Verbindung zum Gnadenort.
de Jong: Die Jugendfußwallfahrt ist in der Tat etwas ganz Besonderes, nicht zuletzt, weil ich zehn Mal selbst in der Wallfahrtsleitung dabei sein durfte. Da ist zunächst die ganze Organisation rund um die Wallfahrt zu erwähnen. Das Gepäck wird in LKWs mitgenommen, viele vor allem Ehrenamtliche sorgen im Absperrteam für die Sicherheit des Wallfahrtszuges. Auch Polizei, Feuerwehren, Malteser und rotes Kreuz sind mit dabei und ein Zahnrädchen greift in das andere. Dann gibt es den Wallfahrtzug selbst. Hier ist Platz für Gespräche aller Art, es wird miteinander gebetet und gesungen, es besteht aber auch die Möglichkeit einfach ein Stück für sich selbst schweigend zu gehen. Das Vorbereitungsteam sucht jedes Jahr ein passendes Motto für die Wallfahrt aus, um das die Jugendseelsorger der Kirchlichen Jugendbüros und der Jugendverbände den Anfangsgottesdienst und die Statios nach den Pausen vorbereiten. Für mich als gebürtigen Altöttinger ist es natürlich immer wieder etwas ganz Besonderes im Heimatort als Wallfahrer einzuziehen und die Freude der Mitpilger zu spüren.
„Wenn ein junger Mensch einmal dabei war, ist er in der Regel wieder mit dabei, weil er ein wunderschönes Gemeinschaftserlebnis erfahren durfte.”
Wie kann es gelingen, die Wallfahrt in eine gute Zukunft zu führen und weiter vor allem auch junge Menschen dafür zu begeistern?
de Jong: Nach den zwei Corona-Jahren war es gar nicht so einfach, wieder in den gewohnten Wallfahrtsrhythmus zu finden. Nach einem eher durchwachsenen Neustart im letzten Jahr stimmt mich die Zahl der Teilnehmenden in diesem Jahr sehr positiv. Ja, es kann und wird mit der Wallfahrt in eine gute Zukunft gehen. Dafür, dass es gut weitergehen kann, braucht es immer wieder begeisterte Menschen, die die Jugendlichen unvoreingenommen mögen und motivieren, bei der Wallfahrt dabei zu sein. Ich denke da an Religionslehrer, die ihre Schüler zum Mitgehen motivieren. Ich denke auch an die Kolleginnen und Kollegen in der Pastoral, die ihre Ministranten und Jugendgruppen motivieren mit dabei zu sein. Wenn ein junger Mensch einmal dabei war, ist er in der Regel wieder mit dabei, weil er ein wunderschönes Gemeinschaftserlebnis erfahren durfte.
Hier finden Sie eine Reportage + viele Bilder von der diesjährigen Passauer Jugendfußwallfahrt
Wie ist es um die Jugendarbeit im Bistum generell bestellt? Was konnten Sie bewegen und wo sehen Sie noch „Baustellen“?
de Jong: Ich denke wir sind in der kirchlichen Jugendarbeit im Prinzip ganz gut aufgestellt. Viele Kolleginnen und Kollegen sind sehr motiviert, sich mit jungen Menschen auf den Weg zu machen und sie in ihrem Glauben und im Hineinwachsen in ihr Leben zu stärken. Zurzeit wird in vielen Pfarreien versucht, die Jugendarbeit nach dem „Lockdown“ wieder neu hochzufahren. Das gelingt einmal besser und einmal schlechter. Positiv stimmt mich, dass wir durchaus auch wieder Neugründungen von Jugendgruppen gemeldet bekommen haben und junge Menschen eine tiefe Sehnsucht nach Gemeinschaftserlebnissen verspüren. Verändert hat sich die Jugendarbeit in der Diözese auch noch mal durch die Entscheidung, dass bei uns die Firmung ab 16 eingeführt worden ist. Da haben unsere Außenstellen, die Kirchlichen Jugendbüros, eine ganz wichtige Aufgabe zur Unterstützung in der Firmvorbereitung dazubekommen. Herausfordernd wird es bleiben, den Kontakt zu den Schulen zu halten und wenn möglich zu intensivieren. Schule ist der Ort, an dem wir jungen Menschen begegnen können ohne sie erst lange suchen zu müssen – z. B. wenn wir Formate wie „Tage der Orientierung“ mit Schulklassen anbieten.
Bekanntermaßen standen Sie dem Projekt der „HOME Base“ am Domplatz in Passau skeptisch gegenüber. Ist die Skepsis inzwischen etwas gewichen, gibt es mehr Miteinander etwa mit St. Max und der „klassischen Jugendarbeit“?
de Jong: Seit fünf Jahren gibt es ein sogenanntes „Vernetzungstreffen Jugendarbeit“, das ich in meiner Funktion als Jugendpfarrer initiiert habe. Da treffen sich zweimal im Jahr alle Stellen und Einrichtungen rund um den Domplatz, die Jugendarbeit machen und stellen sich gegenseitig die geplanten Aktionen vor. Aus diesem Treffen ist schon die eine oder andere Kooperation entstanden. Wichtig ist, dass wir in der Diözese breit aufgestellt sind. Um unseren Jugendlichen eine möglichst große Bandbreite anzubieten sich zu engagieren. Dabei darf nicht zwischen richtig oder falsch, religiös oder politisch unterscheiden werden. Jeder Jugendliche muss die Möglichkeit haben, sich so auszurichten, wie es für ihn gut ist. Das Schlechteste wäre stehenzubleiben und zu jammern, dass früher alles besser gewesen sei.

Sie sind aktuell BDKJ-Diözesanpräses – auch in Zukunft? Welche Rolle spielt der Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) für die Kirchenbindung und Glaubensstärkung junger Menschen?
de Jong: Bis zur BDKJ-Diözesanversammlung im Herbst bin ich noch gewählter BDKJ-Diözesanpräses. Auf dieser Versammlung wird dann hoffentlich ein neuer BDKJ-Diözesanpräses gewählt und ich darf dann auch mein letztes Amt in der Jugendpastoral in neue Hände übergeben. Der BDKJ an sich ist ja der Dachverband aller kirchlichen Jugendverbände. Er vertritt seine Mitgliedsverbände in den gemeinsamen Anliegen. Ich bin der festen Meinung, dass gerade die Kirchliche Jugendverbandsarbeit eine sehr wichtige Rolle für die Findung des eigenen Lebensweges von jungen Menschen spielt. Hier werden Räume geschaffen, um sich selbst auszuprobieren, sich eine eigene Meinung zu bilden, zu diskutieren und zu lernen, Kompromisse zu schließen. Das alles passiert in den kirchlichen Jugendverbänden aus einem gesunden christlichen Glauben heraus. Dort, wo ich mich als junger Mensch gut aufgehoben und verstanden fühle, da bin ich auch gerne zu Hause. Deshalb spielen unsere kirchlichen Jugendverbände eine wichtige Rolle, die Jugendliche in ihren Pfarreien vor Ort zu verwurzeln und sie zu ermutigen Aufgaben in den Pfarrverbänden zu übernehmen.
Wie blicken Sie auf Ihre neue Aufgabe als Pfarrer in Fürstenzell?
de Jong: Nach zwölf Jahren auf einer kategorialen Stelle wird es sicher eine Umstellung wieder in einem Pfarrverband als Pfarrer zu arbeiten. Ich freue mich auf die neue Herausforderung zusammen mit meinem Pfarrteam als Seelsorger Menschen allen Alters in unterschiedlichen Lebenslagen begleiten zu dürfen. Miteinander die Sakramente zu feiern und sich gegenseitig im Glauben zu bestärken. Vieles, was ich die letzten zwölf Jahre im Jugendbereich lernen durfte wird mir hoffentlich in der Arbeit im Pfarrverband auch weiterhelfen. Ich bin schon in Vorfreude auf meine neue Aufgabe möchte aber die alte Aufgabe die nächsten Wochen und Monate noch gut abschließen.

Wolfgang Terhörst
Redaktionsleiter