Prälat Dr. Klaus Metzl hätte es wahrlich besser treffen können: Kaum war er als Wallfahrtsrektor von Altötting angetreten, veränderte Corona das Geschehen am Gnadenort komplett. Dennoch sieht der Stiftspropst nicht nur Schatten, sondern auch viel Licht, wie er im Interview verrät.
Sehr geehrter Herr Prälat Metzl, am 1. September 2020 haben Sie Ihre Ämter als Stadtpfarrer, Stiftspropst und Wallfahrtsrektor von Altötting angetreten. Die folgenden Monate waren von Corona-Krisenmanagement geprägt. Wie blicken Sie auf das neue Jahr 2022?
Prälat Metzl: Ich denke schon, dass es etwas positiver ausfallen wird. Man merkt ja auch, dass die Menschen eine gute Routine gefunden haben im Umgang mit Corona bzw. den Schutzmaßnahmen. Wir haben schon Weihnachten viel unaufgeregter gefeiert als im Jahr davor mit Platzkarten und Reservierungen etwa. Die Leute wissen heute, wie sie sich in einer Kirche bewegen müssen, dass sie Abstand halten sollen et cetera. Der Kommuniongang hat dadurch für mich sogar an Würde gewonnen, früher gab es ja oft eine regelrechte Drängelei. Zudem macht sich ja das Impfen auch bemerkbar und die Bereitschaft wird hoffentlich noch weiter zunehmen.
Unter welches Motto stellen Sie die Wallfahrt 2022?
Prälat Metzl: Wir haben als Wallfahrtsmotto für dieses Jahr ein Wort aus den Abschiedsreden Jesu aus dem Johannesevangelium gewählt, nämlich: „Auf dass sie alle eins seien“ (Joh 17). Der Hintergrund für diese Wahl ist, dass ich u.a. aufgrund der Corona-Pandemie viele Spannungen und Brüche in der Gesellschaft feststelle – auch bei uns hier am Wallfahrtsort Altötting. Die Einheit ist ein zerbrechliches Gut. Und Jesus bittet beim hohen priesterlichen Gebet den Vater um diese Einheit, weil die Einheit auch ein Zeichen der Kirche ist, ein Zeichen der Glaubwürdigkeit. Der Bezug zur Wallfahrt ist zusätzlich, dass die Muttergottes nach der Himmelfahrt Christi im Abendmahlssaal mit den Jüngern im Gebet vereint ist. Und Altötting ist als Gnadenort, als Herz Bayerns ein Ort, wo die Einheit erbeten wird, wo wir uns versammeln um die Muttergottes wie damals die Jünger im Abendmahlssaal.
Ist das Motto schon „offiziell“ veröffentlicht worden?
Prälat Metzl: Es wird auf jeden Fall im kommenden Mitteilungsblatt des Altöttinger Marienwerks vorgestellt werden und es war das Motto der Jahresabschlussmesse an Silvester, wo ich es zum ersten Mal angesprochen hatte. Es ist auch mehr als Hintergrundinformation zu verstehen, dass beispielsweise die Pilgerleiter zur Ausgestaltung einer Wallfahrt verwenden können. Das eigentliche Motto ist ja immer die Gottesmutter.
Wie können Sie die Pilgerleiter unterstützen, unter den gegebenen Umständen eine Wallfahrt nach Altötting zu organisieren bzw. ihre Wallfahrt wieder ins Laufen zu bringen?
Prälat Metzl: Es ist natürlich nicht leichter geworden mit Corona. Früher hatten wir immer Ende des Jahres hier in Altötting die Pilgerleitertagung, bei der vieles besprochen werden konnte. Das ist ja leider schon zweimal ausgefallen. Aber wir haben zum Jahreswechsel um die 900 Briefe an die Pilgerleiter herausgeschickt, in denen wir beispielsweise das Wallfahrtsmotto bekannt gegeben haben. Wir werden sie noch mit Informationen zu den aktuell geltenden Vorschriften versorgen und sie motivieren, unter diesen Bedingungen vielleicht doch eine Wallfahrt zu wagen, und sei es in abgespeckter Form. Sie brauchen halt ein entsprechendes Hygienekonzept. Die Pilger sollen sich in jedem Fall willkommen fühlen. Manche sind ja ohnehin unerbittlich: Ich glaube, die Regensburger kommen heuer, die lassen sich nicht mehr aufhalten.
„Die Leute sind da, nur nicht so augenfällig wie bei einer großen Wallfahrt.”
Wie sieht es derzeit vor Ort in Altötting aus – die Pilgerbetreuer beispielsweise haben ja wahrscheinlich wenig zu tun?
Prälat Metzl: Das ist ein gewisser Trugschluss. Pilgerführer Bernhard Meiler von den Regensburgern sagte mir unlängst einmal, er gehe davon aus, dass von den 7.000 Fußpilgern mindestens 12.000 in Altötting waren. Denn die Leute hätten ihm berichtet, dass sie auch ohne Wallfahrt einmal im Jahr nach Altötting müssten, und dann hätten sie halt auch die Oma mitgenommen und die Kinder oder Enkelkinder. Sie hätten es dann sogar genossen, mehr Zeit in Altötting zu verbringen und beispielsweise einmal das Panorama, die Dioramenschau oder das Wallfahrtsmuseum zu besuchen. Wir merken es auch bei der Zahl der Opferkerzen: die ist auch nicht dramatisch zurückgegangen. Die Leute sind da – nur nicht so augenfällig wie bei einer großen Wallfahrt mit Fahnen und Einzug.
Welche Höhepunkte sehen Sie in diesem Jahr?
Prälat Metzl: Am 1. Mai kommt der Bischof von Würzburg, Dr. Franz Jung, um die Wallfahrt wie jedes Jahr ganz regulär zu eröffnen. Darauf freue ich mich sehr, er ist ja auch ein Studienkollege von mir. Wir feiern dann auf alle Fälle Mariä Himmelfahrt und das Patrozinium der Gnadenkapelle am 15. August mit Bischof Dr. Stefan Oster – möglicherweise aber etwas anders in diesem Jahr wegen der bevorstehenden Renovierung der Heiligen Kapelle (mehr dazu in einer unserer kommenden Ausgaben).
Wie wollen Sie die Fastenzeit heuer angesichts von Corona gestalten?
Prälat Metzl: Die Gnadenbildverehrung („Gnadenbildkuss“) wird ganz normal sein am Aschermittwoch. Wir haben auch wieder die vier Fastenpredigten. Eine davon wird auch unser Bischof Stefan Oster halten, und zwar im Kontext der Wallfahrtsrektoren-Konferenz in Altötting vom 15. bis 18. März. Das Thema der Konferenz, zu der die Verantwortlichen der vier größten Wallfahrtsorte im deutschen Sprachraum – Altötting, Kevelaer, Mariazell und Einsiedeln – zusammenkommen, lautet: „Wallfahrtsorte – Orte der Neuevangelisierung?!“. Dazu wird Bischof Stefan am Donnerstag, 17. März, den Hauptteil bestreiten und am Abend mit uns den Gottesdienst feiern und die Predigt übernehmen, auch wieder mit Bezug auf das Wallfahrtsmotto.
Was wünschen Sie sich persönlich für das neue Jahr?
Prälat Metzl: Der größte Wunsch ist natürlich, dass wir Corona so weit in den Griff bekommen, dass wirklich zu einer gelassenen, frohen Glaubensverkündigung, Feier der Liturgie, der Wallfahrt zurückkehren können. Beispielsweise jetzt kann schon wieder der geplante Elternabend für die Erstkommunion im Begegnungszentrum nicht stattfinden. Stattdessen müssen wir in die Stiftspfarrkirche ausweichen. Wir kommen auch nicht richtig in Kontakt mit den Kindern, wenn alles immer mit Abstand und Maske abläuft. Die Kinder selbst kennen sich ja untereinander schon nicht mehr richtig, die haben sich zum Teil wochenlang nicht gesehen. Oder Hochzeiten … da gibt es Ehepaare, die haben schon zwei-/dreimal verschoben und sagen dann „jetzt ist es durch“.
Wolfgang Terhörst
Redaktionsleiter