„Wir sind gut in der Zeit“, bestätigten bei der Bestandaufnahme am 12. Mai Altöttings Stadtpfarrer Prälat Dr. Klaus Metzl und Wolfgang Wenger, der als Bauleiter alle Handwerksfirmen koordiniert. Bereits im Jahr 2018 war eine Sanierung der schadhaften Holzpodeste unter den Sitzbänken geplant, dazu wurde das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege eingeschaltet. „Die Holzböden waren kaputt, völlig durchgetreten“, berichtete Stadtpfarrer Metzl. Arbeiten am „bayerischen Nationalheiligtum“ müssen gewöhnlich aufgrund der historisch sensiblen Bausubstanz langfristig geplant werden. Doch zwei Sturmschäden am Dach des Langhauses (2019) und des Oktogons (2020) erforderten nun schnelles Handeln.
Die schadhaften Holzpodeste bei den Langhaus-Sitzbänken sind mittlerweile erneuert und wurden fachgerecht eingebaut. Interessantes kam im Oktogon der Gnadenkapelle zum Vorschein: unter den hölzernen Podesten befindet sich als Untergrund ein Ziegelboden. Das schadhafte Holz war übrigens nicht aus Feuchtigkeitsgründen verfault oder mit Pilzbefall belastet, sondern „dabamt“ (Prälat Metzl) – eben mit den Jahren morsch geworden. Ein Grund könnte die bisher unzureichende Belüftung gewesen sein.
Beim Abbau der schadhaften Holzpodeste haben die Arbeiter übrigens einige Fundstücke zu Tage befördert: Gebetszettel und Fotos (die sich größtenteils zwischen den Votivbildern befanden, die vorübergehend vom Langhaus entfernt wurden), „keine geschichtlich wertvollen Dokumentationsstücke wie Münzen und dergleichen darunter“, wie Metzl informierte. Der „Kabelsalat“ zwischen den Votivtafeln im Umgang der Gnadenkapelle zeugt ebenso davon, dass auch hier dringend Sanierungsbedarf besteht. Somit bietet sich beim „Großprojekt Gnadenkapellen-Restaurierung und ‑Sanierung“ mit veranschlagten Gesamtkosten von 1,3 Millionen Euro (allein die Dachsanierung kostet über ein halbe Million Euro) die Gelegenheit, auch Elektronik, Heizung, Lüftung, und Brandmeldeanlage auf den neuesten Stand zu bringen, inklusive Liedanzeiger (per Licht) und Audioübertragungen. Alle Änderungsmaßnahmen finden natürlich unter strenger Beobachtung und Dokumentation des Landesamts für Denkmalpflege statt, wie dessen Mitarbeiter Dr. Thomas Aumüller vor Ort bestätigte.
Eine weitere Bestandaufnahme ist für 2. Juni geplant. Dabei wird der Befund der Farbgebungen durch ein freigelegtes Teilstück der Außenmauer der Gnadenkapelle besprochen. Diplomrestauratorin Angelika Porst hat sich dieser Aufgabe gewidmet und die Farbgebung der auf den alten Votivbildern gemalten Gnadenkapelle mit der freigelegten Farbgebung der Kapellen-Außenmauer, also der verschiedenen Anstriche über Jahrhunderte hinweg, verglichen. Man darf gespannt sein, für welche Anstrich-Außenfarbe die Entscheidung fällt.
Impressionen: Die derzeit eingerüstete Altöttinger Gnadenkapelle von oben
Fotos: Nikolaus Pfeiffer
Viele Pilger hätten gefragt, warum die Gnadenkapelle ausgerechnet in den Sommermonaten restauriert würde, bemerkte Wallfahrtsrektor Metzl abschließend. Dafür gebe es eine nachvollziehbare Erklärung: Das Kupferdach könne nur bei über 15 Grad plus bearbeitet werden, ansonsten könne es brechen. Wenn man die Arbeiten auf die Wintermonate verlegt hätte, dann wären Zusatzkosten für die Heizung und vor allem für die Einhausung der Gnadenkapelle mit Folie von etwa 300.000 € angefallen. Zudem bestehe in diesem Jahr, da sich das Gnadenbild durch die Restaurierungsmaßnahmen vorübergehend in der Stiftspfarrkirche befinde, auch für größere Pilgergruppen die Möglichkeit, eine hl. Messe direkt am Gnadenaltar in der Stiftspfarrkirche zu feiern. Ein kleiner Trost bis zur geplanten Rückführung des Gnadenbildes zur feierlichen Wiedereröffnung der Gnadenkapelle im Oktober dieses Jahres.
Text: Roswitha Dorfner und Wolfgang Terhörst
Wallfahrtsrektor Dr. Klaus Metzl bittet alle Verehrer der Muttergottes um eine großzügige Spende auf das Konto IBAN DE40711600000004527585 der „Administration Hl. Kapelle“, Stichwort „Renovierung Gnadenkapelle“.