„Gemeinsam aus der Einsamkeit“

Redaktion am 20.06.2023

2023 06 19 pb alb aufmacher ausgabe 26 2023

„Gemeinsam aus der Einsamkeit“ – unter diesem Motto hat die bundesweite Netzwerkveranstaltung in Köln stattgefunden. Auch das Bistum Passau war vertreten. „Einsamkeit macht krank“, kommentiert Chefredakteur Wolfgang Krinninger im Editorial der aktuellen Ausgabe.

Die Erfah­rung war ein Schock für mich: Ich hielt die Hand einer Frau, die nie­man­den mehr hat. Kei­nen Freund, kei­nen Ver­wand­ten, nie­man­den. In einem Pfle­ge­bett eines Mün­che­ner Senio­ren­heims däm­mer­te sie vor sich hin, vom Per­so­nal mit pro­fes­sio­nel­ler Freund­lich­keit umsorgt. Und sie war dort bei­lei­be nicht die Ein­zi­ge, der es so erging. Im Zuge eines Repor­ta­ge-Semi­nars war ich vor eini­gen Jah­ren erst­mals mit die­ser Art von Ein­sam­keit kon­fron­tiert wor­den. Auf­ge­wach­sen in einer gro­ßen Fami­lie auf dem Land, umge­ben von Freun­den und Nach­barn, war es für mich unvor­stell­bar, dass es Men­schen gibt, die kom­plett allein daste­hen. Doch es wer­den immer mehr. Selbst wir in der Kir­chen­zei­tung mer­ken das: Immer häu­fi­ger haben wir Men­schen am Tele­fon, bei denen man deut­lich spürt: Es geht vor allem dar­um, dass sie jeman­den am ande­ren Ende der Lei­tung haben, der ihnen zuhört. 

Es ist rich­tig und wich­tig, dass sich Poli­tik, Kir­che und Gesell­schaft um die­ses Tabu­the­ma anneh­men. Die von Bun­des­fa­mi­li­en­mi­nis­te­rin Lisa Paus (Grü­ne) initi­ier­te Akti­ons­wo­che Gemein­sam aus der Ein­sam­keit“ (The­ma der Woche der aktu­el­len Aus­ga­be Nr. 26 – 2023) hat den Fokus dar­auf gerichtet.

2023 06 19 pb alb einsamkeit Foto: Adobe Stock
Allein sein kann beflügelnd wirken, Einsamkeit hingegen nicht. Einsamkeit ist ein gesamtgesellschaftliches Problem. Ein bundesweites Netzwerk hat sich jetzt zusammengetan, um zu einem gelingenden Leben im Alter beizutragen.

Natür­lich wird jeder und jede mal von Ein­sam­keit geplagt. Kri­tisch wird es dann, wenn sie chro­nisch wird und das Leben bestimmt. Dann schlägt sie sich aufs Gemüt und kann ernst­haf­te gesund­heit­li­che Fol­gen haben. Und nicht nur das: Ein­sa­me Men­schen ver­lie­ren schnel­ler als ande­re das Ver­trau­en in die Gesell­schaft, sind anfäl­li­ger für Ver­schwö­rungs­my­then und kön­nen so leich­ter zu Wut­bür­gern mutieren. 

Die Mal­te­ser enga­gie­ren sich unter dem Mot­to Mit­ein­an­der-Für­ein­an­der“ (MiFü) bei der Bewäl­ti­gung von Ein­sam­keit. In der Diö­ze­se Pas­sau gibt es dank MiFü sogar drei neue Diens­te: den Tele­fon­be­suchs­dienst Rede­zeit, die Bera­tungs­stel­le Lebens­quell in Alt­öt­ting und die Fried­hofs­be­glei­tung im Land­kreis Frey­ung-Gra­fen­au, die sich der­zeit im Auf­bau befin­det. MiFü geht auf die indi­vi­du­el­len Bedürf­nis­se der älte­ren Men­schen ein, wirkt prä­ven­tiv und zeigt Wege aus der Ver­ein­sa­mung. Und natür­lich gibt es auch ande­re kirch­li­che Ver­bän­de und Ein­rich­tun­gen, die hier ihre Stär­ken aus­spie­len. Das ist prak­ti­zier­te Nächstenliebe. 

Dabei wird frei­lich auch klar: Wenn der Mit­glie­der­schwund in der katho­li­schen Kir­che so wei­ter­geht, wird es immer schwe­rer, sol­che Ange­bo­te am Leben zu erhal­ten, weil die pfarr­kirch­li­chen Struk­tu­ren vor Ort weg­bre­chen. Die sind aber nötig, um das Ehren­amt zu stüt­zen. Cari­tas-Prä­si­den­tin Eva Maria Wel­skop-Def­faa warnt des­halb zurecht: Wenn es die­se Struk­tu­ren nicht mehr gibt, stirbt mehr als nur der Kir­chen­raum. Aber ver­mut­lich ist vie­len noch nicht klar, wel­che Fol­gen der Nie­der­gang der Volks­kir­che noch haben wird.

Wolfgang krinninger

Wolfgang Krinninger

Chefredakteur

2023 06 19 pb alb malteser christina meisinger Foto: Malteser
Christina Meisinger.

Die Mal­te­ser enga­gie­ren sich unter dem Mot­to Mit­ein­an­der-Für­ein­an­der“ (MiFü) bei der Bewäl­ti­gung von Ein­sam­keit. Wir Mal­te­ser haben für alle Dimen­sio­nen der Ein­sam­keit Ange­bo­te und Diens­te“, sagt Pro­jekt­ko­or­di­na­to­rin Chris­ti­na Mei­sin­ger (Bild); sie ver­trat die Diö­ze­se Pas­sau beim Forum Miteinander-Füreinander. Wei­te­re Infor­ma­tio­nen zum Ehren­amt und auch für Senio­ren, die Unterstützung bekom­men möch­ten, gibt Chris­ti­na Mei­sin­ger ger­ne: Tel. 0851÷9566656, E‑Mail: Christina.​Meisinger@​malteser.​org. – Wei­te­re Infos auf der Web­site der Mal­te­ser Pas­sau.

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