Weißte Bescheid?

Redaktion am 20.05.2024

Foto: Adobe Stock

Über alles Bescheid zu wissen, ist unmöglich. Parallel zur Zunahme allgemein zugänglichen Wissens mehren sich auch die Fake News und es steigt der Druck auf jeden Einzelnen. Der Autor des Editorials der aktuellen Ausgabe 22-2024 rät zu mehr Lockerheit und Humor.

Ken­nen Sie das auch? Sie ste­hen im Super­markt und fra­gen nach einem Pro­dukt und dann fällt Ihnen ein, dass Sie gar nicht wis­sen wie es eigent­lich heißt, oder dass Sie des­sen Namen gar nicht rich­tig aus­spre­chen kön­nen? Und dann fra­gen Sie zum Bei­spiel nach so einem Fens­ter-Was­ser-weg-wisch-Dings“ oder nach einer Wör­kes­ter-Soße“ und bekom­men von einem schel­misch lächeln­den Ver­käu­fer einen Fens­ter-Abzie­her oder eine Worces­ter­sauce, die man übri­gens Wuhstersoss“ (oder so ähn­lich) aus­spricht. Und dann ste­hen Sie ziem­lich blöd da.

Ja, Wis­sen ist Macht. Und weil wir Men­schen von Natur aus sehr ver­spielt und ger­ne scha­den­freu­dig sind, hau­en wir es uns um die Ohren. Des­halb machen ja auch die­se abend­li­chen Quiz-Sen­dun­gen so viel Freu­de. Ger­ne spie­le ich da anonym via Smart­phone mit. Klas­se, wenn ich rich­tig­lie­ge, und lus­tig, wenn da ein Kan­di­dat sich bla­miert. Aber nie­mals wür­de ich mich trau­en, sel­ber öffent­lich mit­zu­spie­len. Allein der Gedan­ke dar­an, eine Ant­wort auf eine ein­fa­che Fra­ge nicht zu wis­sen und mit hoch­ro­tem Kopf vor Mil­lio­nen TV-Zuschau­ern zu sit­zen, ist Stoff für schlimms­te Alpträume.

Es gibt gewiss vie­le Grün­de, wes­halb die­se Quiz-Sen­dun­gen heu­te so beliebt sind. Einer könn­te sein, dass wir hier spie­le­risch für den All­tag üben. Dank moder­ner Tech­nik wächst das all­ge­mein zugäng­li­che Wis­sen täg­lich wei­ter und damit ver­grö­ßern sich auto­ma­tisch auch die Wis­sens­lü­cken jedes Einzelnen.

Der Umgang mit Wis­sens­lü­cken will gelernt sein. Wer bei fach­spe­zi­fi­schen The­men kei­ne Ahnung hat – und das sind in der Regel die aller­meis­ten –, der muss cool blei­ben kön­nen und wenigs­tens so tun als ob. Sich durch­mo­geln. Oder bes­ser doch zu sich ste­hen und Fra­gen stel­len? Jeden­falls, wer beim Mogeln erwischt wird, der reagiert zuneh­mend gereizt: Ist mir doch wurscht!“ So sind wir Men­schen eben. Kei­ner will dumm dastehen.

Humor ist eine grund­le­gen­de Fähig­keit. Man muss über alles Mög­li­che lachen kön­nen, auch über sich selbst. Wer ist schon perfekt?”

Die Schriftstellerin Milena Michiko Flasar in einem KNA-Interview über ihren neuesten Roman „Oben Erde, unten Himmel“

So weit, so nor­mal. Das The­ma lie­ße sich an die­ser Stel­le abha­ken, wür­den wir nicht in einer Zeit der Umbrü­che und Dau­er­kri­sen leben. Und wäre da nicht die­se Fake-News-Debat­te, die mit einem US-ame­ri­ka­ni­schen Ex-Prä­si­den­ten begon­nen hat und mit einem rus­si­schen Dik­ta­tor und Kriegs­ver­bre­cher so rich­tig an Fahrt auf­nimmt: Ich pfeif‘ auf Wis­sen und schaff‘ mir mei­ne eige­ne Wirk­lich­keit!“ Was für Macht­po­li­ti­ker ein nütz­li­ches poli­ti­sches und lei­der auch krie­ge­ri­sches Instru­ment ist, kann für gereiz­te Zeit­ge­nos­sen ein hilf­rei­ches Werk­zeug sein, es den Bes­ser­wis­sern da oben“ mal so rich­tig zu zeigen.

Was ist wahr? Ver­mut­lich beschäf­ti­gen wir uns alle mit die­ser Fra­ge. Und ver­mut­lich will nie­mand auf Fake-News her­ein­fal­len. Und drit­tens sind wahr­schein­lich die meis­ten so klug, meh­re­re Quel­len anzu­zap­fen, bevor sie sich eine Mei­nung bil­den. Auch klas­si­sche Medi­en, auf die nicht weni­ge so ger­ne schimp­fen. Lei­der neh­men sich viel zu weni­ge die Zeit, ihre Quel­len auch zu prü­fen. Doch Erfolg haben Lügen und Ver­schwö­rungs­theo­rien vor allem dann, wenn in die bestehen­den Insti­tu­tio­nen das Ver­trau­en fehlt.

Lei­der hab‘ ich kei­ne Anlei­tung, wie sich mal schnell poli­ti­sches und gesell­schaft­li­ches Ver­trau­en zurück­ge­win­nen lässt. Gewiss hilft es, sich nicht in schlech­te Nach­rich­ten zu ver­bei­ßen. Wenn ich einen Wunsch frei hät­te, dann wür­de ich mir Poli­ti­ker her­bei­zau­bern, die dazu fähig sind auch mal über sich selbst zu lachen und – ähn­lich wie der lachen­de Hei­li­ge“ Phil­ipp Neri – mit Selbst­iro­nie und Humor einen all­zu unhei­li­gen Ernst ver­trei­ben. Vor allem aber hät­te ich ger­ne Mit­bür­ger, die sich immer wie­der klar­ma­chen, dass ein Ein­zel­ner unmög­lich alles wis­sen kann und wir alle irgend­wann mal blöd daste­hen. Das aber ist kein Grund, den­je­ni­gen mit den ver­meint­lich ein­fachs­ten Ant­wor­ten hin­ter­her­zu­lau­fen. Und aggres­siv zu werden.

Zu mehr Locker­heit hilft viel­leicht auch ein lecke­res Bey­känn-Sänd­witsch mit Wörkester-Soße …

Michael Glaß

Redakteur

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