
Kirche darf und muss sich sogar auch zu gesellschaftspolitischen Fragen äußern. Nur das „Wie“ und das „Wann“ sollten gut überlegt sein, kommentiert unser Autor im Editorial der aktuellen Ausgabe 6-2025.
Dürfen die das? Dürfen die sich als Kirche, als Kirchenvertreter in die Politik einmischen? Diese Fragen werden – meist in vorwurfsvollem Ton – schnell gestellt, wenn sich Bischöfe oder andere kirchliche Würdenträger, aber auch Organisationen wie das Zentralkomitee der Katholiken (ZdK), die Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd) oder der Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) zu gesellschaftlichen Debatten äußern. So auch dieses Mal, als sich unter anderem das katholische Büro Berlin in Person von Prälat Karl Jüsten vor der Abstimmung über das „Migrationsgesetz“ der CDU mit großer Besorgnis zu Wort meldete (siehe Seiten 4 – 5). Dafür hagelte es Kritik aus Politik wie Kirche selbst.
Also: Dürfen die das? Natürlich dürfen sie, nein, sie müssen es sogar! Was war denn Jesus zu seiner Zeit anderes als ein politischer Unruhestifter in den Augen der Machthaber, der römischen Statthalter wie der jüdischen Priesterelite? Kirche handelt zwar immer zeitlos (im Sinne der Lehre), aber nie außerhalb der Zeit (im Sinne der Gesellschaft). Selbstverständlich darf und muss sich die Kirche also zu gesellschaftspolitischen Fragen äußern, besonders wenn es um Kernthemen wie Nächstenliebe, Menschenwürde oder Recht auf Leben geht. Die katholische Sicht auf Gesetzesvorhaben beispielsweise zur Organspende, zum Abtreibungsrecht oder auch zur Flüchtlingspolitik sollte gehört werden. Im aktuellen Streit um Zuwanderung kann die Kirche maßgeblich dazu beitragen, dass rechtsextreme Positionen in der deutschen Politik nicht wieder salonfähig werden, dass aus individueller Angst nicht pauschale Ausgrenzung wird. Der entscheidende Punkt ist also nicht das „Ob“, sondern das „Wie“ – und vielleicht noch das „Wann“.
„Kirchliche Stellungnahmen sollten die großen Linien aufzeigen (Leitplanken!), und nicht wie juristische Bewertungen einzelner Paragraphen klingen.”
Die Kirche sollte möglichst mit EINER Stimme sprechen, wenn sie gesamtgesellschaftliche Wirkung entfalten will. Dieses Ziel hat die oben erwähnte Stellungnahme mangels Absprache verfehlt, wie prompte Distanzierungen seitens einzelner Bischöfe, aber auch des Sekretariats der Deutschen Bischofskonferenz zeigen. Zudem war der Zeitpunkt der Veröffentlichung in der Endphase eines aufgeheizten Wahlkampfs mindestens unglücklich. Fatal auch: Kirchliche Stellungnahmen sollten die großen Linien aufzeigen (Leitplanken!), und nicht wie juristische Bewertungen einzelner Paragraphen klingen. Schon für Jesus war allein die Botschaft der Maßstab allen Handelns. In der Sache ist die katholische Kirche Deutschlands ohnehin glasklar: Für Christen ist die AfD mit ihrem völkischen Nationalismus unwählbar.
Also bitte weiter einmischen: Mit christlichen Grundwerten und mit geeinter Stimme. So stützt die Kirche rechte – im Sinne von „richtiger“ – Politik.

Wolfgang Terhörst
Redaktionsleiter