Abenteurer Gottes

Wolfgang Krinninger am 30.11.2021

W. Krinninger

Hier hat er also seine Kindheit und Jugend verbracht. Hier hat er gespielt, gelernt, bei der Ernte geholfen. Hier hat er vermutlich auch irgendwann die Entscheidung getroffen: Ich gehe weg. Für immer. Der Nebel hält sich zäh an diesem Vormittag auf dem Weg von Passau nach Pelkering bei Triftern. Auf der Straße ist wenig los. Die abgeernteten Felder wirken kahl, erstarrt im kühlen Griff des Herbstes. Eine schöne Gegend, eine fruchtbare Gegend. Und doch hält das ruhige Landleben nicht jeder auf Dauer aus. Vor allem, wenn einer jung ist und das große Lebensabenteuer überall wähnt, nur nicht daheim.

Ich fah­re in die Hei­mat von Anton Weg­gart­ner, der als Pater Pos­sen­ti Weg­gart­ner von hier aus als jun­ger Mann 1934 auf­brach ins fer­ne Afri­ka. Für ein Buch über den Mis­sio­nar rede ich mit Nach­fah­ren, zeich­ne auf, was ihnen nach all den Jahr­zehn­ten noch einfällt. 

Im von blu­ti­gen Bür­ger­krie­gen zer­ris­se­nen Sim­bab­we ent­stan­den mit Pater Pos­sen­tis Unter­stüt­zung Schu­len, Kran­ken­häu­ser und Kir­chen. Mit dem Fahr­rad fuhr der Nie­der­bay­er oft meh­re­re Wochen von Schu­le zu Schu­le und kehr­te schließ­lich aus­ge­hun­gert, sonn­ver­brannt und bär­tig heim“. Er hat­te eine beson­de­re Bega­bung, Kin­der zu unter­rich­ten. Vie­le sei­ner Schütz­lin­ge mach­ten nach ihrem Abschluss eine Aus­bil­dung oder besuch­ten eine Uni­ver­si­tät – der Auf­bruch in ein neu­es, in ein bes­se­res Leben. 

Was mag ihm alles durch den Kopf gegan­gen sein, als er beschloss, Ordens­mann zu wer­den und in die Mis­si­on zu gehen? Wie schwer wird ihm das Herz gewe­sen sein, als er auf­brach und nicht sicher wuss­te, ob er je wie­der hei­mat­li­chen Boden betre­ten wür­de? Was hat er gefühlt beim letz­ten Kuss der Mut­ter?

Karl Weg­gart­ner, von 1992 bis 2008 Bür­ger­meis­ter von Trift­ern, ist ein Nef­fe von Pater Pos­sen­ti. Beim Hei­mat­ur­laub des Mis­sio­nars 1960 war er sein Chauf­feur. Wenn er vom Onkel Toni“ erzählt, glän­zen sei­ne Augen und man spürt heu­te noch die Begeis­te­rung, 60 Jah­re spä­ter. Es waren nicht nur die Aben­teu­er-Geschich­ten aus dem fer­nen Kon­ti­nent, die den damals 20-jäh­ri­gen Nef­fen begeis­ter­ten, es waren vor allem das Auf­tre­ten, sein freund­li­ches Wesen, der offe­ne Umgang mit Men­schen – egal wer oder was einer war. Wäre Karl Weg­gart­ner damals nicht schon in sei­ne spä­te­re Frau ver­liebt gewe­sen, er wäre wohl sel­ber in den Mari­annhil­ler Orden sei­nes Onkels ein­ge­tre­ten.

Was bleibt von Pater Pos­sen­ti, 45 Jah­re nach­dem er von einem Ter­ro­ris­ten ermor­det wor­den ist? Ein Zeu­ge für Chris­tus“ lau­tet der Titel des Buches über sein Leben. Ja, das war er. Anton Weg­gart­ner hat mit Herz und Hand und Lei­den­schaft gelebt, geliebt, gehol­fen. Er hat die Kom­fort­zo­ne ver­las­sen und sich, getra­gen von sei­nem Glau­ben, in ein Aben­teu­er mit offe­nem Aus­gang gestürzt. Den Men­schen zuge­wandt, lei­den­schaft­lich, freund­lich, ohne Angst. Was für ein Ver­mächt­nis! Das bleibt. Das gibt Kraft. Das schenkt Hoff­nung.

Gegen Mit­tag ver­las­se ich das Haus und fah­re zurück nach Pas­sau. Es ist hel­ler gewor­den. Wer weiß, viel­leicht noch eine Stun­de und der Nebel lich­tet sich und die Herbst­son­ne bringt das Land zum Leuchten.

Wolfgang Krinninger

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