Kirche vor Ort

Aufbruch in die Zukunft

Redaktion am 14.10.2021

S11 bischof PB Susanne Schmidt
Die Kirche für die Aufgaben der Zukunft rüsten – darum ging es Bischof Dr. Stefan Oster sowie Domkapitular Anton Spreitzer und den Moderatoren der Tagungen Barbara Maier und Dr. Anton Cuffari.

Die katholische Kirche in Deutschland steht schwer unter Druck. Die Menschen kehren der Institution in Massen den Rücken. Was bleibt nach dieser Zeit des Umbruchs von der Kirche übrig? Wie kann ein gangbarer Weg in die Zukunft aussehen? Antworten auf diese und ähnliche Fragen für die Kirche von Passau gab es bei den Pastoraltagungen 2021.

Pas­sau. Die Fra­ge, wo die Rei­se hin­geht, beschäf­tigt mich sehr“, ver­deut­lich­te gleich zu Beginn sei­nes ers­ten von zwei phi­lo­so­phi­schen Vor­trä­gen Bischof Ste­fan Oster. Er mach­te kei­nen Hehl dar­aus, dass er den Syn­oda­len Weg der deut­schen Kir­che in die­ser her­aus­for­dern­den Situa­ti­on nicht für den Königs­weg hält. Er gehö­re zu denen, die die Leh­re der Kir­che für sinn­voll und glaub­wür­dig hal­ten, weil dar­in viel Wahr­heit ste­cke. Aber er spü­re auch, dass die Mehr­heit der Syn­odal­ver­samm­lung anders den­ke: Wir kom­men damit nicht mehr durch.“

Wir kom­men damit nicht mehr durch.”

Bischof Stefan Oster

Sein anthro­po­lo­gi­scher Ansatz bei den Pas­to­ral­ta­gun­gen, die unter der Über­schrift Gemein­schaft von Gemein­schaf­ten – Eine neue Sozi­al­ge­stalt von Kir­che“ stan­den: Es gebe einen unlös­ba­ren Zusam­men­hang zwi­schen Selbst­ver­hält­nis, Ver­hält­nis zum Ande­ren und zu Gott. Die Selbst­an­nah­me und die Selbst­be­ja­hung sei für jeden Men­schen ein Lebensthema.

S11 Spreitzer PB Susanne Schmidt

Erwach­se­ne hät­ten ver­lernt, das Ich-Bewusst­sein los­zu­las­sen. Doch wer das nicht schaf­fe, wer­de nie wirk­lich authen­tisch, kön­ne nie den Grund sei­nes Seins errei­chen und so auch nie wirk­lich ganz beim Ande­ren sein. In dem Maß, wie ich mich öff­ne und mein Ich-Bewusst­sein los­las­se, bekommt der Ande­re Platz in unse­rem Her­zen.“ Doch Angst, erlit­te­ne Ent­täu­schung, Stolz, Selbst­ge­rech­tig­keit und der Ver­lust an Urver­trau­en hin­der­ten vie­le Men­schen, ganz zu sich selbst zu kom­men. Es gibt kei­ne Lie­be, ohne den Ande­ren mit­zu­tra­gen, mit ihm mit­zu­lei­den“, so Bischof Ste­fan Oster. Wer frei sei von sich selbst, kön­ne sich selbst ver­schen­ken. Ech­te Hin­ga­be sei, wenn einer nicht fra­ge, wer er sei, son­dern wofür er da sei. Wer­de, der du bist – und fin­de so dei­nen Platz in der Welt und in der Kir­che!“, emp­fahl er. Die Kir­che sei der Erlö­sungs­raum, der dazu ent­schei­dend bei­tra­ge, dass jemand ein offe­nes Herz bekom­me. Sie sei die Woh­nung Got­tes in der Welt, die Ver­söh­nung Got­tes mit der Menschheit. 

S11 maier PB Susanne Schmidt

Gro­ße Wor­te. Aber ist in der Viel­falt der Post­mo­der­ne die Zeit der Gro­ßen Erzäh­lung“ nicht schon vor­bei? Oder haben wir als Chris­ten die letzt­gül­ti­ge Gro­ße Erzäh­lung“, die wir gestal­ten und mit unse­rem Leben wei­ter­schrei­ben kön­nen? Die­se Fra­gen stan­den zu Beginn des zwei­ten Vor­trags im Mit­tel­punkt. Für Bischof Ste­fan Oster ist die Ant­wort klar: Die Gro­ße Erzäh­lung“ sei Got­tes Geschich­te mit den Men­schen. Und die Kir­che sei die Bewah­re­rin die­ser Erzäh­lung. Wir sind dazu beru­fen, zu hel­fen, dass Kir­che ein Sakra­ment zur Ver­söh­nung mit Gott wird.“ Im Heils­dra­ma sei jedem Men­schen eine Rol­le zuge­dacht, die völ­lig auf ihn zuge­schnit­ten sei.

Doch in einer Zeit, in der Glau­be für vie­le immer weni­ger plau­si­bel sei, sei­en u.a. ein tie­fe­res per­sön­li­ches Ver­ste­hen, eine ver­tief­te Chris­tus­be­zie­hung und ein erneu­er­tes Gebets­le­ben not­wen­dig, um als Glau­ben­der zu bestehen. Wir brau­chen Sprach- und Deu­tungs­kom­pe­tenz für unser eige­nes Leben“, beton­te Bischof Ste­fan Oster. 

S11 cuffari PB Susanne Schmidt

Kom­pe­tenz ist auch ein wich­ti­ger Begriff im Ent­wurf eines Stra­te­gie­pa­piers, das Gene­ral­vi­kar Josef Ede­rer zusam­men mit Bischof Ste­fan Oster, dem Bis­tums­rat und unter Betei­li­gung vie­ler haupt- und ehren­amt­li­cher Frau­en und Män­ner aus­ge­ar­bei­tet hat. Das Papier soll die Grund­la­ge für einen Pro­zess des Nach­den­kens und Umden­kens sein, zu dem alle Pfar­rei­en, Ver­bän­de und kirch­li­chen Ein­rich­tun­gen ein­ge­la­den sind. Wie kön­nen wir uns heu­te schon vor­be­rei­ten auf eine neue Sozi­al­ge­stalt der Kir­che von mor­gen?, lau­tet dabei die wich­tigs­te Fra­ge. Bei der Suche nach Ant­wor­ten soll die­ses Stra­te­gie­pa­pier, das bewusst als Ent­wurf gekenn­zeich­net ist, weil es immer noch wei­ter­ent­wi­ckelt wer­den soll, hel­fen. Es geht u.a. dar­um, wie man die Kräf­te bün­deln kann, sodass die Cha­ris­men in den grö­ße­ren pas­to­ra­len Räu­men sinn­voll zum Ein­satz kom­men. Die Viel­falt der Men­schen, die unter­schied­li­chen Gene­ra­tio­nen, ihre Sti­le und Lebens­wei­sen erfor­dern heu­te neben der Viel­falt alt­be­währ­ter auch neue Zugän­ge zur Eucha­ris­tie hin. Wir wol­len unter­schied­li­che Erfah­rungs­räu­me von Gebet und lit­ur­gi­schem Fei­ern eröff­nen, in denen Men­schen die Gegen­wart Got­tes fei­ern und ihm die Ehre geben kön­nen“, heißt es dazu in den Stra­te­gi­schen Über­le­gun­gen“, die Dom­ka­pi­tu­lar Anton Spreit­zer bei den Pas­to­ral­ta­gun­gen vorstellte. 

Den ers­ten Ent­wurf die­ses Papiers gab es Ende 2019, Anfang 2020. Bis Ostern 2023 will man sich für die­sen Pro­zess Zeit neh­men. Geplant ist auch noch eine zwei­te Hand­rei­chung: Pas­to­ra­le Hand­lun­gen in Pas­to­ra­len Räu­men“, qua­si der prak­ti­sche Unter­bau, Impul­se für die kon­kre­te Arbeit vor Ort. Spreit­zer ist über­zeugt, dass durch die Koope­ra­ti­on in den grö­ße­ren Ein­hei­ten auch eine grö­ße­re Viel­falt bei den Got­tes­dienst­for­men mög­lich sein wer­de. Mit dem Pro­zess ein­her gehen soll eine Ver­tie­fung und Qua­li­fi­zie­rung der Seel­sor­ge. Die beson­de­re Auf­merk­sam­keit möch­te man auf die Arbeit mit Kin­dern, Jugend­li­chen und jun­gen Fami­li­en rich­ten. Das Bischöf­li­che Ordi­na­ri­at wol­le Bera­tung und Unter­stüt­zung anbieten. 

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