Weltkirche

„Ich kann mir nicht vorstellen, zu einem Schweinebraten einen Kamillentee zu trinken“

Redaktion am 28.08.2023

2023 08 28 pb alb sr doris braumeisterin1 Foto: Roswitha Dorfner
Ordensschwester und Bierbrauerin. Jedes Jahr ist Schwester Doris auch auf dem Klostermarkt in Altötting. Dieser findet heuer vom 1. bis 3. September 2023 statt.

Bald 50 Jahre führt Schwester Doris, als einzige bierbrauende Ordensschwester Deutschlands eine Klosterbrauerei. Sie ist überhaupt die letzte Ordensangehörige weltweit, die das Bierbrauerhandwerk noch ausführt.

Außer zum Früh­stück wird im nie­der­baye­ri­schen Klos­ter Mal­lers­dorf, wo noch etwa 380 Ordens­schwes­tern leben und arbei­ten, zu jeder Mahl­zeit Bier ange­bo­ten. Der Orden der Armen Fran­zis­ka­ne­rin­nen von der hei­li­gen Fami­lie zu Mal­lers­dorf“ hat prak­ti­scher Wei­se eine eige­ne Braue­rei. Noch spek­ta­ku­lä­rer ist jedoch, dass die Brau­meis­te­rin eine ech­te Non­ne ist – die ein­zi­ge weltweit.

Selbst unter den berühm­ten Klos­ter­braue­rei­en“ ist Mal­lers­dorf die ein­zi­ge, wo noch ein Ordens­mit­glied den Beruf des Brau­meis­ters aktiv aus­führt. Heu­te sagt Schwes­ter Doris: Ich mag Bier, ich habe mein Hob­by zum Beruf gemacht“.

Bis zu ihrer Meis­ter­prü­fung war dies ganz und gar nicht der Fall. Damals trank sie lie­ber Limo­na­de. Mein ers­tes Bier habe ich bei der Meis­ter­prü­fung getrun­ken, mit zuge­hal­te­ner Nase“, ver­rät die robus­te Ordens­frau in ihrem frän­ki­schen Dia­lekt. Mitt­ler­wei­le hat sich das geän­dert. Heu­te sagt sie schmun­zelnd: Ich kann mir nicht vor­stel­len, zu einem Schwei­ne­bra­ten einen Kamil­len­tee zu trinken.“

Gebo­ren wur­de Schwes­ter Doris Engel­hard 1949 in Mit­tel­fran­ken mit dem Tauf­na­men Wal­bur­ga. Bis zu ihrem drei­zehn­ten Lebens­jahr wuchs sie in Her­rie­den bei Ans­bach auf. Ihr Weg führ­te sie 1962, nach dem beein­dru­cken­den Vor­bild einer Non­ne, die in ihrem Hei­mat­ort als Kran­ken­schwes­ter gewirkt hat­te, ins Inter­nat des Klos­ters Mal­lers­dorf. Ich woll­te wie sie wer­den“, berich­tet Schwes­ter Doris mit einem freu­di­gen Gesichts­aus­druck. Sie hat­te ihre erkrank­te Mut­ter so lie­be­voll gepflegt. Damit stand ihr eige­nes Ziel fest: Ich will Ordens­schwes­ter werden!“

Mit Been­di­gung der Schu­le trat sie in den Orden ein und hoff­te, ihrem Inter­es­se nach in der Land­wirt­schaft des gro­ßen Klos­ter­gu­tes ein­ge­setzt zu wer­den. Weil dort aber nie­mand gebraucht wur­de, bin ich Brauer­in gewor­den“, erklärt die Ordens­frau mit etwas ver­schmitz­ten Gesichts­zü­gen. Ihre Vor­gän­ge­rin im Amt, die ab 1933 die ers­te Brau­meis­te­rin der Mal­lers­dor­fer Schwes­tern gewe­sen war, such­te eine wür­di­ge Nach­fol­ge­rin. So absol­vier­te Schwes­ter Doris eine zwei­ein­halb­jäh­ri­ge Aus­bil­dung und drück­te die Schul­bank der Braue­rei­fach­schu­le in Ulm. Dort war sie die ein­zi­ge Frau. Als Jahr­gangs­bes­te schloss sie dort 1974 die Meis­ter­prü­fung ab.

2023 08 28 pb alb sr doris braumeisterin2 Foto: Elmar Lübbers-Paal
Ordensschwester und Bierbrauerin. Schwester Doris bei ihrer Arbeit in der Klosterbrauerei in Mallersdorf.

Dass erst in den letz­ten Jah­ren ver­mehrt Frau­en in die­se Bran­che ein­stei­gen, ver­wun­dert die Klos­ter­frau ein wenig, schließ­lich sei Brau­en seit eh und je vor­nehm­lich Frau­en­sa­che gewe­sen. Zum Beleg ihrer Aus­sa­ge führt sie die bekann­te Ehe­frau Luthers an, Katha­ri­na von Bora, die vor ihrer Hoch­zeit wie selbst­ver­ständ­lich Bier gebraut hat­te, um die Gäs­te zünf­tig bewir­ten zu kön­nen. Es heißt ja nicht umsonst, heu­te back‘ ich, mor­gen brau‘ ich“, unter­mau­ert sie.

Nor­ma­ler­wei­se beginnt für die Ordens­frau­en der Tag um 5.30 Uhr mit den Mor­gen­ge­be­ten in der Klos­ter­kir­che. Am Brau­tag beginnt der Arbeits­tag für die Wäch­te­rin über das Rein­heits­ge­bot aber bereits um 3.30 Uhr in der Früh. Dann wer­den Gers­te aus den eige­nen Fel­dern des Klos­ter­gu­tes und Hop­fen aus der Regi­on zu einem def­ti­gen Trunk ver­ar­bei­tet. Vie­le Pro­zes­se müs­sen ein­ge­lei­tet und kon­trol­liert wer­den. Seit eini­gen Jah­ren schon hilft ein com­pu­ter­ge­stütz­tes Pro­gramm dabei. Schließ­lich wer­den unter der Feder­füh­rung der Brau­schwes­ter jähr­lich 3000 Hek­to­li­ter Bier und 700 Hek­to­li­ter Limo­na­de gebraut. Davon wer­den 20% des Bie­res im Klos­ter sel­ber kre­denzt. Der Rest wird ent­we­der abge­holt oder auch in umlie­gen­den Betrie­ben, in einem Radi­us von ca. 40 Kilo­me­ter, ver­kauft. So kom­men die begehr­ten Bier­fla­schen bis nach Regens­burg, Strau­bing und Landshut.

Den Nach­schub muss die Frau mit ihrem wei­ßen Arbeits­schlei­er gewähr­leis­ten, da ihr Bier nicht pas­teu­ri­siert wird und damit nur etwa zwei Mona­te halt­bar ist. Damit unter­schei­det sich das kräf­ti­ge Naß von der Kon­kur­renz aus der Indus­trie, wo jedes Bier einer Mar­ke gleich schmeckt. Die Ordens­frau hält das nicht für natür­lich, da die Gers­te allein auch schon bei jeder Ern­te etwas anders ist. Für nar­risch“ hält die Schwes­ter die­je­ni­gen, die mei­nen, dem Bier Zitro­ne oder Ing­wer bei­mi­schen zu müs­sen, um es dann immer noch als Bier“ anzupreisen.

Ihr Klos­ter­bier ist dage­gen grund­ehr­lich. Da ihr Qua­li­tät vor Mas­se geht, ist die Aus­wahl im Nie­der­bay­ri­schen nicht gar so groß, was die reso­lu­te Frau mit Herz mit: Weiß­bier und Dunk­les gibt‘s nicht, das mag ich nicht“, unum­wun­den gesteht. Statt­des­sen bie­tet die Schwes­ter ein hel­les Voll­bier, einen Mai­bock, einen Weih­nachts­bock und einen beson­ders gehalt­vol­len Dop­pel­bock zur Fas­ten­zeit an.

2023 08 28 pb alb sr doris braumeisterin3 Foto: Roswitha Dorfner
„Es heißt ja nicht umsonst, ‚heute back‘ ich, morgen brau‘ ich‘“, sagte Schwester Doris. Jedes Jahr ist die Mallersdorfer Ordensschwester und Bierbrauerin auch auf dem Klostermarkt in Altötting.

Grund­ehr­lich und direkt ist Schwes­ter Doris auch, wenn jemand meint, das Wort Sau­fen“ in Ver­bin­dung mit dem Kul­tur­gut Bier ver­wen­den zu müs­sen. Sogar ihr Nef­fe, der in sei­ner Geburts­tags­ein­la­dung sei­ne Kum­pel zum Sau­fen“ ein­lud, bekam eine Stand­pau­ke. Der Mensch trinkt und das Vieh säuft“, so die kon­se­quen­te Ordens­frau, die die eben­falls erhal­te­ne Ein­la­dung dar­auf­hin ausschlug.

An Müßig­gang ist auch wäh­rend der Rei­fe­zeit des Bie­res nicht zu den­ken. Der Klos­ter­all­tag ist, und das betont die erfah­re­ne Ordens­frau mit Nach­druck, kein Well­ness-Urlaub“, wie eini­ge Besu­cher glau­ben. Von ihrer ehren­vol­len Auf­ga­be, die ganz in der Tra­di­ti­on des Klos­ters seit min­des­tens 1623 besteht, ist Schwes­ter Doris über­zeugt. Nach wie vor sorgt sie dafür, dass, wie es in der Chro­nik heißt, dass Bier fass­wei­se gebraut wird, um den Klos­ter­be­woh­nern ein rei­nes nahr­haf­tes Getränk zu ver­schaf­fen und oben­drein sich noch um die Wohl­fahrt und Gemüt­lich­keit einer ehr- und lob­s­a­men Bür­ger­schaft von Mal­lers­dorf und Umge­bung ver­dient zu machen“.

Übri­gens: Seit Som­mer 2014 ist Schwes­ter Doris auch Bot­schaf­te­rin Nie­der­bay­erns. Schwes­ter Doris‘ Lieb­lings­bier: das unfil­trier­te natur­trü­be Zoigl“ – ein Voll­bier mit Hefe.

Text: Elmar Lübbers-Paal

Der Orden

Der Orden der Armen Fran­zis­ka­ne­rin­nen von der Hei­li­gen Fami­lie“ wur­de 1855 vom seli­gen Paul Josef Nar­di­ni gegrün­det. Die Schwes­tern haben sich beson­ders dem Bei­trag zur Erneue­rung des Fami­li­en­le­bens“ ver­schrie­ben und sind kari­ta­tiv tätig. Neben fünf Nie­der­las­sun­gen in Deutsch­land ist der Orden auch in Rumä­ni­en und Süd­afri­ka vertreten.

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