Für treue Bistumsblatt-Leser ist sie wie eine gute Bekannte: Anni Sigl aus Hilgenreith bei Innernzell im Bayerischen Wald. Schon oft haben wir über die Einödbäuerin berichtet, die im Jahr 2012 mit ihrem Mann Alois schlagartig berühmt wurde durch das Buch „Anni und Alois. Arm sind wir nicht. Ein Bauernleben.“
Nun feierte sie vor wenigen Tagen ihren 85. Geburtstag. Und den hatte sie sich anders vorgestellt. Denn es war der erste Geburtstag seit ihrer Hochzeit am 25. Mai 1961 ohne ihren Mann Alois. Heuer im Mai hätten sie Diamantene Hochzeit feiern können. Aber letztes Jahr ist Alois verstorben. Die erste Frage des Passauer Bistumsblattes beim Geburtstags-Anruf in der Früh kann deshalb nur lauten: „Anni, wie geht’s dir denn?“ Die bekannte Bäuerin seufzt und meint:
„„Naja, so fehlt mir nix. Bloß, dass ich halt jetzt allein bin. Der erste Geburtstag ohne den Alois. Er ist 86 gewesen im vorigen Jahr, als er gestorben ist. Seit wir 1961 geheiratet haben, haben wir immer miteinander Geburtstag gefeiert und heuer bin ich zum ersten Mal allein. Das ist schon hart. Ich hab schon geweint heute“, meint die Anni mit fast tonloser Stimme – und schon fließen wieder die Tränen. „An so einem Tag, da spekulierst ja dann grad!“”
Am Telefon ist sie heute im Dauer-Einsatz: „Acht Leute haben schon angerufen. Du bist jetzt die Neunte!“ meint sie bei unserem Telefongespräch um halb Neun Uhr früh. Das freut sie dann doch und sie notiert sich ein Stricherl für jeden, der anruft. Sogar aus Amerika war schon eine Anruferin dabei: „Die ist durch ihre Freundin in München auf mich aufmerksam geworden“, wundert sich Medienstar Anni doch ein wenig und fügt hinzu: „Heut brauch‘ ich mir gar nichts vornehmen, heut bin ich nur am Telefonieren!“ 71 Stricherl sind es übrigens bis zum Abend insgesamt geworden.
Für den Nachmittag werde nur eine einzige Besucherin erwartet, die frühere Vorsitzende des Gartenbauvereins aus einem Nachbardorf, versichert Anni Sigl. Für den Abend habe sich der älteste Sohn angemeldet. Sie verlangt sich ohnehin kaum Besuch im Moment, denn die Gefahren von Corona nimmt die Einödbäuerin sehr ernst: „Vor April lass‘ ich praktisch niemand rein. Das ist jetzt ein Risiko. Ich trau‘ dem Frieden nicht.“ Und bis wieder Leute bei ihr auftauchen, will sie auf alle Fälle geimpft sein: „Angemeldet bin ich schon!“ Vorher ist Besuch unerwünscht.
Für später haben sich dann schon Interessierte angekündigt, die bei ihr das Veredeln von Obstbäumen lernen wollen: „Da hab‘ ich schon wieder eine ganze Litanei an Leuten aufgeschrieben!“ Bis es soweit ist, wartet noch jede Menge anderer Arbeit auf Anni Sigl. In wenigen Wochen soll es draußen schon wieder los gehen, meint die umtriebige Frau und zählt die ersten Arbeiten auf: „Laub zusammenrechen, Maulwurfshaufen beseitigen. Neue, längere Drähte an den 171 Etiketten auf den Apfelbäumen befestigen.“ Der Gartenbau-Landesverband hat sie für den Sommer auch bereits für zahlreiche Veranstaltungen engagiert, bei denen ihr großes Wissen gefragt ist.
Gut, dass die Anni trotz allem schon wieder mit etwas Zuversicht in die Zukunft schaut: „Das ist halt jetzt eine harte Zeit für mich. Aber man muss wieder nach vorne schauen. Das dauernde Sinnieren bringt auch nichts. Man kann ja nicht immer nur nachgrübeln.“
Und zum Abschluss unseres Telefongespräches meint Anni Sigl zu mir: „Wenn Corona überstanden ist, kommst wieder einmal vorbei!“ Ich denke mir: „Das werden hoffentlich noch viele Besuche werden!“ Denn bei einem früheren Treffen hat sie mir einmal im Spaß erzählt: „Ich habe ja gesagt, ich werd‘ 100 Jahre alt wie mein Onkel, der Passauer Domdekan Max Thurnreiter!“ Für diesen Plan wünscht auch das Passauer Bistumsblatt der Anni alles Gute!