
Der heilige Valentin ist Erster Diözesanpatron des Bistums Passau. Er war wirkmächtiger Verkünder des Glaubens Mitte des 5. Jahrhunderts. Das Bistum feiert ihn heute besonders am 1. Juli. Der Gedenktag war Teil der Maria-Hilf-Woche und stellte einen Brückenschlag dar zwischen Anfang und Gegenwart der Geschichte des Bistums.
Die Freude dürfte groß gewesen sein, als der Leib des heiligen Valentin vermutlich 764 n. Chr. aus Trient überführt und in die damals noch junge Kathedrale in Passau gebracht wurde. Diejenigen, die die Reliquien getragen hatten und deren Begleitpersonen werden ebenso froh wie erleichtert gewesen sein, als sie nach einer langen und sicher auch beschwerlichen Reise in der Bischofsstadt angekommen waren. Nun also ruhte der Heilige Valentin im Passauer Dom – er tut es bis heute, über alle Zeitläufte hinweg.
Der Heilige Valentin – Bischof in Rätien
Der Heilige Valentin hat wohl in der ersten Hälfte des 5. Jahrhunderts gelebt und wird überliefert als Bischof in Rätien, also als Bischof eines Gebietes, das von West nach Ost zwischen Iller und Inn zu lokalisieren ist – sowie – in der Nord-Süd-Ausrichtung von der Donau bis zur Brennergrenze ging. Dabei stand er vermutlich nicht einem fest benannten Bischofssitz vor, auch wenn immer wieder einmal über Augsburg und Chur diskutiert wurde und auch Passau und Regensburg zeitweise in ihm antike Wurzeln ihrer Bischofssitze sehen wollten. Dass er sich auch einmal in Passau bzw. in der Region aufgehalten hat, erschließt sich ein stückweit aus dem Leben eines seiner Schüler: Lucillus, so heißt dieser Schüler, war es, der in der zweiten Hälfte des 5. Jahrhunderts erfolgreich mit Alemannenfürsten verhandelte, und so gefangene Einwohner aus Passau bzw. aus dem Passauer Raum aus der Gefangenschaft befreite.
Ein Lehrer und sein Schüler
Das Wissen über den Heiligen Bischof Valentin geht wesentlich auf den eben erwähnten Lucillus zurück, der ihn selbst als „abbas“ bezeichnete, also als geistlichen Vater. Vielleicht war Valentin nicht nur Bischof, sondern auch Vorsteher einer Glaubensgemeinschaft. Lucillus auf jeden Fall hat es nach dem Tod des Heiligen übernommen, an jedem 7. Januar einen Gedenkgottesdienst zu halten. Hier wird eine enge und vertraute Verbindung zwischen dem Bischof und geistlichem Lehrer Valentin und Lucillus greifbar. Übrigens schloss sich dieser Lucillus nach dem Tod Valentins an den Heiligen Severin an und wurde – wiederum nach dessen Tod – sein Nachfolger als Abt der Mönchsgemeinschaft.
Der Heilige Valentin in Mais bei Meran
Gleich zwei Autoren berichten zwischen dem 5. und 8. Jahrhundert über das Grab des heiligen Valentin. Das ist schon sehr erstaunlich, sind doch aus diesen Jahrhunderten nur wenige schriftliche Zeugnisse überhaupt bis in unsere Zeit überliefert worden. Im 6. Jahrhundert erzählte Venantius Fortunatus, einer der berühmtesten Dichter dieser Zeit und späterer Bischof von Poitiers, von der Kirche zu Ehren des Heiligen Valentin. Zweihundert Jahre später schrieb Arbeo, wiederum einer der bekanntesten Autoren seiner Zeit und Bischof von Freising, dass der heilige Korbinian entschieden hatte, sich in der Grabeskirche des heiligen Valentin, die er so sehr „lieb gewonnen“ hatte, bestatten zu lassen. Und tatsächlich wurde Korbinian dort begraben und erst nach der Translation des heiligen Valentin selbst nach Freising überführt.
Der heilige Valentin in Trient
Auch wenn uns heute nicht mehr so sehr viel bekannt ist über den Heiligen Valentin, so scheint es doch zur Zeit des Venantius Fortunatus und Arbeos von Freising ganz anders gewesen zu sein. Das zeigt sich auch daran, dass die Langobarden den Leib des heiligen Valentin um 750 n. Chr. nach Trient überführten und ihn dort besonders verehrten.
Der bayerische Herzog Tassilo III. wiederum bat den Langobardenkönig Desiderius, ihm den heiligen Valentin für die Domkirche in Passau zu überlassen. Erfolg hatte er mit seinem Wunsch nicht zuletzt deshalb, weil Desiderius sein Schwiegervater war und beide sich politisch damals sehr nahe standen.

Der Heilige Valentin in Passau
Mit der Überführung der Reliquien des Heiligen Valentin nach Passau schenkten Gläubige nun Güter, Land und Leute an die Altäre des hl. Stephanus und des hl. Valentin. Eines der frühesten Zeugnisse dafür ist die Schenkung eines Ratolf – aus der zweiten Hälfte des 8. Jahrhunderts überliefert und nicht mehr genauer zu datieren. Die Gläubigen spendeten damals ganz bewusst an die Altäre der Heiligen, denn sie vertrauten ihnen und in ihnen sahen sie wirkmächtige Fürsprecher für ihr Seelenheil über Zeit und Ewigkeit.
Anders als beispielsweise beim heiligen Korbinian oder dem heiligen Emmeram entstand zu dieser Zeit allerdings keine Vita zum heiligen Valentin. Das kann durchaus daran liegen, dass der Heilige mit der Überführung seiner Gebeine nach Passau aus seinem bisherigen Umfeld gelöst und damit auch die mündliche Tradition über sein Wirken unter Umständen nicht weitervermittelt worden ist. Es kam auf jeden Fall zu keiner schriftlichen Fixierung seiner Biographie. Zumindest ist bislang keine bekannt.
Erst einige Jahrhunderte später, wohl im 12. Jahrhundert, entstand in Passau die sogenannte „Bleitafel-Biographie“, die wenig mit dem Leben des heiligen Valentin zu tun hat und vielmehr ein Zeugnis des durchaus schwierigen und konfliktbehafteten Glaubenslebens in der Zeit des Autors ist:
Demnach sei der heilige Valentin vom Ozean her nach Passau gekommen, um den Menschen hier zu predigen und sie für den Glauben zu gewinnen. Er scheiterte allerdings an der „Wildheit“ der Einwohner. Daraufhin reiste er nach Rom, um sich vom Papst die Erlaubnis für die Mission geben zu lassen. Doch auch der darauffolgende zweite Versuch misslang. Wieder in Rom, erbat er sich vom Papst ein neues Aufgabenfeld, wurde von diesem aber ein weiteres Mal nach Passau geschickt. Und wieder konnte er die Passauer nicht für den Glauben gewinnen, wurde vielmehr vertrieben und zog sich ins Gebirge zurück, wo er starb und begraben wurde. – Eine Geschichte gescheiterter Evangelisierung und dazu noch reine Erfindung des Autors.
Nichtsdestoweniger wurde der heilige Valentin über alle Jahrhunderte hinweg in Passau verehrt: am Gedenktag seiner Bestattung, dem 7. Januar, und am Gedenktag seiner Translation in die Domkirche, den 4. August. Heute feiert das Bistum den 1. Juli als den Gedenktag des Ersten Bistumspatrons. Der Gedenktag war in diesem Jahr damit Teil der Maria-Hilf-Woche und stellte einen Brückenschlag dar zwischen Gegenwart und Anfang der Geschichte des Bistums.
Der Heilige Valentin
Unbestritten war der Heilige Valentin ein Bekenner des Glaubens, aber kein Märtyrer. Vielmehr war er ein Mensch, der in Frieden sterben hatte dürfen, und der gleichzeitig zu Lebzeiten so kräftig gewirkt hat, dass er in der Erinnerung seiner Schüler präsent geblieben ist.
Valentin hatte in schwierigsten Zeiten – der Endphase des römischen Reiches – das wichtige Amt eines Bischofs inne. Bei schwächer werdenden römischen Strukturen, übernahmen diese Bischöfe in dieser Zeit ordnende, strukturierende, sichernde Aufgaben. Sie verhandelten mit den eindringenden Gruppen germanischer Stämme, versuchten den bleibenden Romanen Halt zu geben und organisierten den Rückzug großer Bevölkerungsgruppen nach Italien. Gleichzeitig verkündigten sie das Evangelium, vermittelten christliche Werte und ein Lebenskonzept, das mit Fasten bzw. Askese, Gebet und Almosengeben auf drei Eckpfeilern aufruhte, die seit jeher christlichen Lebensvollzug im Kontext der Welt ein nur selten einfaches Spannungsfeld beschreiben.
Heute liegt es an uns, die Erinnerung an die frühen Vermittler unseres Glaubens wach zu halten und uns bewusst zu machen, dass wir in der bald 1300-jährigen Tradition unseres Bistums die gegenwärtig verantwortliche Generation sind, die Kraft aus ihren Wurzeln schöpfen darf und gleichzeitig aufgerufen ist, das Staffelholz des Glaubens an die nächste Generation weiterzugeben.

Prof. Dr. Hannelore Putz
Archivdirektorin