Glaube und Tradition

Rätien, Mais, Trient, Passau: Stationen eines Heiligen

Redaktion am 30.06.2025

Statue des heiligen Valentin vor dem Passauer Dom. Foto: Werner Friedenberger
Eng mit Passau verbunden: Am 1. Juli feiert das Bistum Passau seinen Hauptpatron, den heiligen Valentin.

Der heilige Valentin ist Erster Diözesanpatron des Bistums Passau. Er war wirkmächtiger Verkünder des Glaubens Mitte des 5. Jahrhunderts. Das Bistum feiert ihn heute besonders am 1. Juli. Der Gedenktag war Teil der Maria-Hilf-Woche und stellte einen Brückenschlag dar zwischen Anfang und Gegenwart der Geschichte des Bistums.

Die Freu­de dürf­te groß gewe­sen sein, als der Leib des hei­li­gen Valen­tin ver­mut­lich 764 n. Chr. aus Tri­ent über­führt und in die damals noch jun­ge Kathe­dra­le in Pas­sau gebracht wur­de. Die­je­ni­gen, die die Reli­qui­en getra­gen hat­ten und deren Begleit­per­so­nen wer­den eben­so froh wie erleich­tert gewe­sen sein, als sie nach einer lan­gen und sicher auch beschwer­li­chen Rei­se in der Bischofs­stadt ange­kom­men waren. Nun also ruh­te der Hei­li­ge Valen­tin im Pas­sau­er Dom – er tut es bis heu­te, über alle Zeit­läuf­te hinweg.

Der Heilige Valentin – Bischof in Rätien

Der Hei­li­ge Valen­tin hat wohl in der ers­ten Hälf­te des 5. Jahr­hun­derts gelebt und wird über­lie­fert als Bischof in Räti­en, also als Bischof eines Gebie­tes, das von West nach Ost zwi­schen Iller und Inn zu loka­li­sie­ren ist – sowie – in der Nord-Süd-Aus­rich­tung von der Donau bis zur Bren­ner­gren­ze ging. Dabei stand er ver­mut­lich nicht einem fest benann­ten Bischofs­sitz vor, auch wenn immer wie­der ein­mal über Augs­burg und Chur dis­ku­tiert wur­de und auch Pas­sau und Regens­burg zeit­wei­se in ihm anti­ke Wur­zeln ihrer Bischofs­sit­ze sehen woll­ten. Dass er sich auch ein­mal in Pas­sau bzw. in der Regi­on auf­ge­hal­ten hat, erschließt sich ein stück­weit aus dem Leben eines sei­ner Schü­ler: Lucil­lus, so heißt die­ser Schü­ler, war es, der in der zwei­ten Hälf­te des 5. Jahr­hun­derts erfolg­reich mit Ale­man­nen­fürs­ten ver­han­del­te, und so gefan­ge­ne Ein­woh­ner aus Pas­sau bzw. aus dem Pas­sau­er Raum aus der Gefan­gen­schaft befreite.

Ein Lehrer und sein Schüler

Das Wis­sen über den Hei­li­gen Bischof Valen­tin geht wesent­lich auf den eben erwähn­ten Lucil­lus zurück, der ihn selbst als abbas“ bezeich­ne­te, also als geist­li­chen Vater. Viel­leicht war Valen­tin nicht nur Bischof, son­dern auch Vor­ste­her einer Glau­bens­ge­mein­schaft. Lucil­lus auf jeden Fall hat es nach dem Tod des Hei­li­gen über­nom­men, an jedem 7. Janu­ar einen Gedenk­got­tes­dienst zu hal­ten. Hier wird eine enge und ver­trau­te Ver­bin­dung zwi­schen dem Bischof und geist­li­chem Leh­rer Valen­tin und Lucil­lus greif­bar. Übri­gens schloss sich die­ser Lucil­lus nach dem Tod Valen­tins an den Hei­li­gen Seve­rin an und wur­de – wie­der­um nach des­sen Tod – sein Nach­fol­ger als Abt der Mönchsgemeinschaft.

Der Heilige Valentin in Mais bei Meran

Gleich zwei Autoren berich­ten zwi­schen dem 5. und 8. Jahr­hun­dert über das Grab des hei­li­gen Valen­tin. Das ist schon sehr erstaun­lich, sind doch aus die­sen Jahr­hun­der­ten nur weni­ge schrift­li­che Zeug­nis­se über­haupt bis in unse­re Zeit über­lie­fert wor­den. Im 6. Jahr­hun­dert erzähl­te Ven­an­ti­us For­t­u­na­tus, einer der berühm­tes­ten Dich­ter die­ser Zeit und spä­te­rer Bischof von Poi­tiers, von der Kir­che zu Ehren des Hei­li­gen Valen­tin. Zwei­hun­dert Jah­re spä­ter schrieb Arbeo, wie­der­um einer der bekann­tes­ten Autoren sei­ner Zeit und Bischof von Frei­sing, dass der hei­li­ge Kor­bi­ni­an ent­schie­den hat­te, sich in der Gra­bes­kir­che des hei­li­gen Valen­tin, die er so sehr lieb gewon­nen“ hat­te, bestat­ten zu las­sen. Und tat­säch­lich wur­de Kor­bi­ni­an dort begra­ben und erst nach der Trans­la­ti­on des hei­li­gen Valen­tin selbst nach Frei­sing überführt. 

Der heilige Valentin in Trient

Auch wenn uns heu­te nicht mehr so sehr viel bekannt ist über den Hei­li­gen Valen­tin, so scheint es doch zur Zeit des Ven­an­ti­us For­t­u­na­tus und Arbe­os von Frei­sing ganz anders gewe­sen zu sein. Das zeigt sich auch dar­an, dass die Lan­go­bar­den den Leib des hei­li­gen Valen­tin um 750 n. Chr. nach Tri­ent über­führ­ten und ihn dort beson­ders verehrten.

Der baye­ri­sche Her­zog Tas­si­lo III. wie­der­um bat den Lan­go­bar­den­kö­nig Desi­de­ri­us, ihm den hei­li­gen Valen­tin für die Dom­kir­che in Pas­sau zu über­las­sen. Erfolg hat­te er mit sei­nem Wunsch nicht zuletzt des­halb, weil Desi­de­ri­us sein Schwie­ger­va­ter war und bei­de sich poli­tisch damals sehr nahe standen.

Foto: Stefanie Hintermayr/pbp
Am 1. Juli feiert das Bistum Passau seinen Hauptpatron, den heiligen Valentin. Zu Ehren des Heiligen findet jedes Jahr an diesem Tag im Dom St. Stephan eine Pontifikalmesse mit Bischof Stefan Oster statt.

Der Heilige Valentin in Passau

Mit der Über­füh­rung der Reli­qui­en des Hei­li­gen Valen­tin nach Pas­sau schenk­ten Gläu­bi­ge nun Güter, Land und Leu­te an die Altä­re des hl. Ste­pha­nus und des hl. Valen­tin. Eines der frü­hes­ten Zeug­nis­se dafür ist die Schen­kung eines Ratolf – aus der zwei­ten Hälf­te des 8. Jahr­hun­derts über­lie­fert und nicht mehr genau­er zu datie­ren. Die Gläu­bi­gen spen­de­ten damals ganz bewusst an die Altä­re der Hei­li­gen, denn sie ver­trau­ten ihnen und in ihnen sahen sie wirk­mäch­ti­ge Für­spre­cher für ihr See­len­heil über Zeit und Ewigkeit.

Anders als bei­spiels­wei­se beim hei­li­gen Kor­bi­ni­an oder dem hei­li­gen Emmer­am ent­stand zu die­ser Zeit aller­dings kei­ne Vita zum hei­li­gen Valen­tin. Das kann durch­aus dar­an lie­gen, dass der Hei­li­ge mit der Über­füh­rung sei­ner Gebei­ne nach Pas­sau aus sei­nem bis­he­ri­gen Umfeld gelöst und damit auch die münd­li­che Tra­di­ti­on über sein Wir­ken unter Umstän­den nicht wei­ter­ver­mit­telt wor­den ist. Es kam auf jeden Fall zu kei­ner schrift­li­chen Fixie­rung sei­ner Bio­gra­phie. Zumin­dest ist bis­lang kei­ne bekannt.

Erst eini­ge Jahr­hun­der­te spä­ter, wohl im 12. Jahr­hun­dert, ent­stand in Pas­sau die soge­nann­te Blei­ta­fel-Bio­gra­phie“, die wenig mit dem Leben des hei­li­gen Valen­tin zu tun hat und viel­mehr ein Zeug­nis des durch­aus schwie­ri­gen und kon­flikt­be­haf­te­ten Glau­bens­le­bens in der Zeit des Autors ist:

Dem­nach sei der hei­li­ge Valen­tin vom Oze­an her nach Pas­sau gekom­men, um den Men­schen hier zu pre­di­gen und sie für den Glau­ben zu gewin­nen. Er schei­ter­te aller­dings an der Wild­heit“ der Ein­woh­ner. Dar­auf­hin reis­te er nach Rom, um sich vom Papst die Erlaub­nis für die Mis­si­on geben zu las­sen. Doch auch der dar­auf­fol­gen­de zwei­te Ver­such miss­lang. Wie­der in Rom, erbat er sich vom Papst ein neu­es Auf­ga­ben­feld, wur­de von die­sem aber ein wei­te­res Mal nach Pas­sau geschickt. Und wie­der konn­te er die Pas­sau­er nicht für den Glau­ben gewin­nen, wur­de viel­mehr ver­trie­ben und zog sich ins Gebir­ge zurück, wo er starb und begra­ben wur­de. – Eine Geschich­te geschei­ter­ter Evan­ge­li­sie­rung und dazu noch rei­ne Erfin­dung des Autors.

Nichts­des­to­we­ni­ger wur­de der hei­li­ge Valen­tin über alle Jahr­hun­der­te hin­weg in Pas­sau ver­ehrt: am Gedenk­tag sei­ner Bestat­tung, dem 7. Janu­ar, und am Gedenk­tag sei­ner Trans­la­ti­on in die Dom­kir­che, den 4. August. Heu­te fei­ert das Bis­tum den 1. Juli als den Gedenk­tag des Ers­ten Bis­tums­pa­trons. Der Gedenk­tag war in die­sem Jahr damit Teil der Maria-Hilf-Woche und stell­te einen Brü­cken­schlag dar zwi­schen Gegen­wart und Anfang der Geschich­te des Bistums.

Der Heilige Valentin

Unbe­strit­ten war der Hei­li­ge Valen­tin ein Beken­ner des Glau­bens, aber kein Mär­ty­rer. Viel­mehr war er ein Mensch, der in Frie­den ster­ben hat­te dür­fen, und der gleich­zei­tig zu Leb­zei­ten so kräf­tig gewirkt hat, dass er in der Erin­ne­rung sei­ner Schü­ler prä­sent geblie­ben ist.

Valen­tin hat­te in schwie­rigs­ten Zei­ten – der End­pha­se des römi­schen Rei­ches – das wich­ti­ge Amt eines Bischofs inne. Bei schwä­cher wer­den­den römi­schen Struk­tu­ren, über­nah­men die­se Bischö­fe in die­ser Zeit ord­nen­de, struk­tu­rie­ren­de, sichern­de Auf­ga­ben. Sie ver­han­del­ten mit den ein­drin­gen­den Grup­pen ger­ma­ni­scher Stäm­me, ver­such­ten den blei­ben­den Roma­nen Halt zu geben und orga­ni­sier­ten den Rück­zug gro­ßer Bevöl­ke­rungs­grup­pen nach Ita­li­en. Gleich­zei­tig ver­kün­dig­ten sie das Evan­ge­li­um, ver­mit­tel­ten christ­li­che Wer­te und ein Lebens­kon­zept, das mit Fas­ten bzw. Aske­se, Gebet und Almo­sen­ge­ben auf drei Eck­pfei­lern auf­ruh­te, die seit jeher christ­li­chen Lebens­voll­zug im Kon­text der Welt ein nur sel­ten ein­fa­ches Span­nungs­feld beschreiben.

Heu­te liegt es an uns, die Erin­ne­rung an die frü­hen Ver­mitt­ler unse­res Glau­bens wach zu hal­ten und uns bewusst zu machen, dass wir in der bald 1300-jäh­ri­gen Tra­di­ti­on unse­res Bis­tums die gegen­wär­tig ver­ant­wort­li­che Gene­ra­ti­on sind, die Kraft aus ihren Wur­zeln schöp­fen darf und gleich­zei­tig auf­ge­ru­fen ist, das Staf­fel­holz des Glau­bens an die nächs­te Gene­ra­ti­on weiterzugeben.

Prof. Dr. Hannelore Putz

Archivdirektorin

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