Das glauben wir

Vogel des Lichts

Redaktion am 04.04.2023

2023 04 03 pb alb wetterhahn Foto: Manfred Richter auf Pixabay
Wetterhahn. Was macht der Hahn auf dem Kirchturm? Das geht zurück auf die Stelle im Neuen Testament, in der Jesus dem Petrus prophezeit: „Du wirst mich dreimal verleugnen bis der Hahn kräht.“ Man könnte ihn also als Mahnmal für Aufrichtigkeit interpretieren.

Für Christen ist der Hahn ein Ostertier – auch wenn er es mit Hase und Lamm nicht aufnehmen kann: Der Hahn steht für den Sieg des Lichts über die Dunkelheit im Morgengrauen und damit für die Auferstehung Christi und das Leben nach der Finsternis im Grab.

Sein lau­tes Krä­hen ist unüber­hör­bar: der Hahn kün­digt den Son­nen­auf­gang an, den neu­en Tag und das Ende der Nacht. Als Sym­bol­tier hat er einen Erfolgs­zug durch die Geschich­te der Reli­gio­nen gemacht, von den alten Per­sern bis zu den Christen. 

Er glänzt in der Son­ne und ist schon von Wei­tem zu sehen: der Hahn, der sich hoch oben auf der Kirch­turm­spit­ze im Wind dreht. Aber wie hat er dort eigent­lich sei­nen Platz gefun­den? Oder anders gefragt: Was hat der Hahn auf dem Kirch­turm ver­lo­ren? Als Wet­ter­hahn zeigt er an, woher der Wind weht; aber das könn­te ein Fähn­chen aus Metall genau­so gut. Bei Reno­vie­run­gen, wenn der Hahn nach vie­len Jahr­zehn­ten sei­nen Platz hoch oben für eine Wei­le räumt, dann zei­gen sich oft Ein­schuss­lö­cher; doch das kann ja schon gar nicht sei­ne eigent­li­che Auf­ga­be sein, dass er als Ziel­schei­be her­hal­ten muss. 

Der Hahn auf dem Kirch­turm erin­nert uns an eine Epi­so­de aus der Lei­dens­ge­schich­te Jesu. Er erin­nert uns an einen sei­ner Jün­ger, Simon Petrus, der ganz fest zu ihm ste­hen woll­te, der fel­sen­fest jedem Sturm stand­hal­ten woll­te – und der dann doch, als ihm der Wind ins Gesicht blies, sein Fähn­chen in den Wind hing. Alle wer­det ihr mich ver­las­sen“, hat­te Jesus ange­kün­digt. Und ehe der Hahn kräht wirst du, Petrus, drei­mal behaup­ten, dass du mich nicht kennst.“

Petrus hat­te Angst, Angst um sein Leben, als er nach sei­ner Ver­bin­dung zu Jesus gefragt wur­de, den man gera­de ver­haf­tet hat­te. Und so wies er es weit von sich, etwas mit ihm zu tun zu haben. Der Hah­nen­schrei am frü­hen Mor­gen öff­ne­te ihm die Augen: er war dem, dem er Treue ver­spro­chen hat­te, untreu gewor­den. Zu Über­zeu­gun­gen zu ste­hen, auch wenn einem der Wind ins Gesicht bläst, ist nicht immer leicht; zu Men­schen zu ste­hen, die in Not sind und die unse­re Soli­da­ri­tät brau­chen, fällt uns vor allem dann schwer, wenn es uns selbst etwas kos­tet. An sol­che mensch­li­che Schwä­che erin­nert der Hahn. Aber es ist auch der ers­te Hah­nen­schrei, der den neu­en Tag begrüßt. Und so steht der Hahn auf dem Kirch­turm für einen neu­en Anfang nach der Dun­kel­heit der Nacht. Ganz beson­ders gilt das für den Oster­sonn­tag, an dem wir den Sieg des Lebens über den Tod feiern.

2023 04 03 pb alb ostern ballon Foto: red
Fröhliche Ostern! Dem Ideenreichtum waren in der Zeit um 1900 keine Grenzen gesetzt, wenn es um die Gestaltung von Postkarten zum Osterfest ging. Da kollidieren schon mal Osterhasen in einem Ballon mit dem Wetterhahn auf der Kirchturmspitze, ...

In den Evan­ge­li­en hat er eine beson­de­re Rol­le: Laut den bibli­schen Berich­ten hat­te Jesus kurz vor sei­nem Tod sei­nem Jün­ger Petrus pro­phe­zeit, dass die­ser ihn drei­mal ver­leug­nen wür­de, ehe der Hahn kräht“ (Mt 26,34). So kam es: Petrus dreh­te sich aus Angst mit dem Wind – wie heu­te die Wet­ter­häh­ne auf den Kirchtürmen. 

Doch war­um kommt aus­ge­rech­net der Hahn auf die Kirchturmspitze?

Schon in der alt­per­si­schen Reli­gi­ons­ge­mein­schaft der Par­sen galt das Tier als Kün­der der gött­li­chen Mor­gen­rö­te. Auch die grie­chi­sche Mytho­lo­gie kennt ihn als Boten des anbre­chen­den Mor­gens. His­to­ri­ker sagen uns, dass das frü­hes­te Zeug­nis für einen Hahn als Wet­ter­fah­ne auf einem römi­schen Mau­so­le­um aus dem 2. Jahr­hun­dert nach Chris­tus zu fin­den gewe­sen sein soll. Der ers­te Hin­weis auf einen Hahn auf einer christ­li­chen Kir­che stammt aus dem 9. Jahr­hun­dert. Im Jahr 820 soll der Bischof von Bre­scia ihn auf sei­nem Kirch­turm ange­bracht haben.

Für die Chris­ten war es leicht, die Sym­bo­lik des Tie­res in ihre Reli­gi­on zu über­tra­gen: Der Hahn ist der ers­te, der das Ende der Nacht ankün­digt – so wie Jesus Chris­tus die Dun­kel­heit des Todes besiegt hat. Der Hahn weckt die Men­schen aus dem Schlaf, Chris­tus erweckt zum ewi­gen Leben.

2023 04 03 pb alb osterglocke Foto: red
... ein anderes Mal schaut ein stolzer Gockel auf eine mit Blumen umkränzte Osterglocke. Die Ostergrüße wurden in die ganze Welt verschickt.

Sym­bo­le auf Kirch­turm­spit­zen gibt es ganz unter­schied­li­che: Kreu­ze, Ster­ne, Erd­ku­geln, stei­ner­ne Roset­ten oder eben Häh­ne. Immer wie­der heißt es, dass katho­li­sche Kir­chen an einem Hahn und evan­ge­li­sche an einem Kreuz erkenn­bar sei­en – oder umge­kehrt. Doch das stimmt nicht. Nur bei Schwä­nen ist die Zuord­nung klar: Sie gel­ten als Sym­bol für Mar­tin Luther.

Das Bild­mo­tiv des Schwans führt den Betrach­ter zurück in die Refor­ma­ti­ons­zeit und dar­über hin­aus in das Zeit­al­ter der spät­mit­tel­al­ter­li­chen Kir­chen­re­form. Der Refor­ma­tor Mar­tin Luther selbst hat­te die Anre­gung dazu gege­ben, ihn im Medi­um Bild mit einem Schwan dar­zu­stel­len. Denn Luther bezeich­ne­te sich als Schwan, indem er Bezug nahm auf eine Pro­phe­zei­ung, die der böh­mi­sche Refor­ma­tor Jan Hus (etwa 1370 bis 1415) zu Beginn sei­ner Gefan­gen­schaft in Kon­stanz (Ende 1414) getä­tigt haben soll. 1531 schrieb Luther: Sankt Johan­nes Hus hat von mir geweis­sagt, da er aus dem Gefäng­nis in Böh­mer­land schrieb: 

Sie wer­den jetzt eine Gans bra­ten (denn Hus‘ heißt auf Böh­misch Gans‘). Aber nach hun­dert Jah­ren wer­den sie einen Schwan sin­gen hören. Den sol­len sie lei­den (aus­hal­ten müs­sen). Da soll’s auch bei blei­ben, ob Gott will.‘“

Die Sym­bol­kraft des Hah­nes hat im Lau­fe der Zeit nach­ge­las­sen. Heu­te dre­hen sich die Wet­ter­häh­ne hoch oben auf Tür­men und Dächern zumeist nur noch als Wind­fah­ne – und kei­ner kräht mehr nach ihnen.

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