Lichtblicke

Redaktion am 24.01.2023

Dunkelheit hat einen schlechten Ruf. Doch ist sie Voraussetzung, um Licht überhaupt erst wahrnehmen zu können. – Im Editorial der aktuellen Ausgabe macht sich der Autor Gedanken zu Mariä Lichtmess.

Hal­lo? Sind Sie noch wach? Ja, lesen macht müde. Gera­de jetzt im Win­ter, wenn es so lan­ge dun­kel ist. Ohne genü­gend natür­li­ches Tages­licht kann sich unser Schlaf­hor­mon“ Mela­to­nin quietsch­fi­del aus­brei­ten und schwung­voll den Kampf mit uns auf­neh­men, wäh­rend wir uns die Augen rei­ben und die Glie­der stre­cken. Hilft nichts. Die Müdig­keit bleibt. Wir sind wintermüde.

Foto: Henryk Niestrój / Pixabay
Unheimlich oder schön und geheimnisvoll? Blick in den Nachthimmel.

Augen auf! Bit­te noch nicht ein­schla­fen! Der Win­ter ist die idea­le Jah­res­zeit, sich über Fins­ter­nis Gedan­ken zu machen. Wie­so eigent­lich hat Dun­kel­heit einen gar so schlech­ten Ruf? Als unheim­lich oder gar als böse schimp­fen wir sie. Doch soll­ten wir nicht dank­bar sein, wenn sie uns jede Nacht sanft in das Reich der Träu­me glei­ten lässt? Schät­zen soll­ten wir sie auch als den Kon­trast, der die Freu­de am Licht über­haupt erst mög­lich macht: Damit das Licht so hell scheint, muss die Dun­kel­heit vor­han­den sein“, stell­te der eng­li­sche Phi­lo­soph Fran­cis Bacon (15611626) fest. Erst die Dun­kel­heit ermög­licht wah­re Lichtblicke.

Nicht zuletzt schenkt uns die Dun­kel­heit Urlaub: Augen­ur­laub“ näm­lich, wie Sie auf Sei­te 21 die­ser Aus­ga­be lesen kön­nen. Ein schö­nes Wort. Gemeint ist eine Art des Urlaubs, die wir brau­chen, weil wir gera­de­zu Licht-nar­risch“ sind und durch zu viel künst­li­ches Licht unse­re Augen über­rei­zen. Wah­re Leucht-Orgi­en“ fei­ern wir und wir­beln dadurch den natür­li­chen Tag-Nacht-Rhyth­mus der­art durch­ein­an­der, dass nicht nur Pflan­zen und Tie­re, son­dern auch wir sel­ber dar­un­ter leiden.

Foto: carloyuen / Pixabay
Künstliches Licht ist schön anzusehen, versperrt aber den Blick auf die Sterne und wirbelt den natürlichen Tag-Nacht-Rhythmus durcheinander.

Licht­ver­schmut­zung“ nen­nen wir die­ses Phä­no­men. Die­ses aber ist ein furcht­bar häss­li­ches Wort, das eigent­lich nur ein win­ter­mü­der Beam­ter erfun­den haben kann. Und es ist auch sach­lich falsch: es ist ja schließ­lich die natür­li­che Dun­kel­heit, die durch künst­li­ches Licht über­flu­tet und ver­schmutzt“ wird – die natür­li­che Dun­kel­heit, die erst die Ster­ne am Nacht­him­mel zum Leuch­ten bringt. Das Licht aber bleibt sau­ber und schön.

Wie schön Licht im Kon­trast zur Dun­kel­heit sein kann, dar­an kön­nen wir uns rund um den Fei­er­tag Maria Licht­mess“ am 2. Febru­ar erin­nern, wenn wir Jesu geden­ken und ihm zulie­be Ker­zen wei­hen (sie­he Sei­ten 13 + 20 zu Dar­stel­lung des Herrn“). Nicht unheim­lich, eher geheim­nis­voll wirkt das Ker­zen­licht gera­de jetzt, bevor die Tage wie­der spür­bar län­ger werden.

Foto: Roswitha Dorfner
Licht fasziniert erst im Kontrast zur Dunkelheit.

An die­ser Stel­le traue ich mich auch zu behaup­ten, dass Jesus nicht wie eine gro­ße Leucht-Rekla­me zurück in unse­re Welt kom­men wird; als künst­li­che Beleuch­tung, vor der wir wie die Insek­ten her­um­schwir­ren, bis wir völ­lig über­reizt und über­mü­det zu Boden fal­len. Eher ist anzu­neh­men, dass sich das Licht der Welt“ (vgl. Joh 8,12) als sanf­ter Schein in tie­fer Dun­kel­heit nähert, damit wir uns lang­sam dar­an gewöh­nen und dann umso kla­rer sehen.

Sind Sie immer noch wach? Fein. Dann wer­fen Sie doch noch kurz einen Blick auf eine mei­ner Lieb­lings­stel­len in der Bibel: Im Anfang war das Wort und das Wort war bei Gott und das Wort war Gott. (…) In ihm war Leben und das Leben war das Licht der Men­schen. (…) Das wah­re Licht, das jeden Men­schen erleuch­tet, kam in die Welt“, heißt es im Johan­nes-Pro­log sehr poe­tisch. Dann aber folgt schon das ers­te gro­ße Aber“: Er war in der Welt (…), aber die Welt erkann­te ihn nicht.“

Das soll­ten wir künf­tig bes­ser ver­mei­den. Also Licht aus! Licht näm­lich ist immer da, auch wenn wir es nicht wahr­neh­men (kön­nen). Schi­cken Sie ihre Augen auf Urlaub, schär­fen Sie Ihre Sin­ne und träu­men Sie was Schönes …

Michael Glaß

Redakteur

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